Schülervertreter Tim Nikulski zum Thema Inklusion

von | Apr 3, 2013 | Inklusion | 0 Kommentare

Tim Nikulski ist 24 Jahre alt und absolviert derzeit eine Ausbildung zur Fachkraft für Telekommunikation an der Johann-August-Zeune-Schule für Blinde in Berlin. Er ist von Geburt an blind und wohnt in einer betreuten Wohngemeinschaft. Seit Herbst 2012 engagiert er sich neben seiner Mitgliedschaft im Bezirksschülerausschuss als Schülervertreter im Netzwerk Inklusion für die Weiterentwicklung der Inklusion in Steglitz-Zehlendorf.

Was verstehen Sie unter Inklusion?

Das behinderte und nicht-behinderte Schüler zusammen lernen.

Was hat Ihr Interesse an diesem Thema geweckt?

Ich habe in unserer Schule und in den Nachrichten davon ghört. Für mich ist das eher besorgniserregend. Für die Lehrer ist es jetzt schon sehr schweirig verhaltensauffällige Schüler in den Unterricht einzubinden.
Um Inklusion zu verwirklichen ist meiner Meinung nach auf jeden Fall mehr Personal erforderlich. Und die Konzepte müssen anders sein. Das wirklich alle Behinderten und Nicht-Behinderten Kinder und Jugendlichen zusammen lernen können, das wage ich zu bezweifeln. Weil die Bedürfnisse so unterschiedlich sind. Es braucht auf jeden Fall ausgereifte und durchdachte Konzepte, damit kein Schüler zu kurz kommt und das Schulniveau nicht absinkt.

Wenn Inklusion im Ideal umgesetzt wäre, was wäre dann anders?

Es gäbe kleinere Klassen und extra Lehrer, die z.B. den Unterricht für die behinderten Schüler vorbereiten. Es wären auch extra Räume vorhanden, um mit den Schülern zu arbeiten.

Was wäre genau für Sie anders und was hätte das für Vorteile?

Ich wäre an keiner Sonderschule mehr. Wichtig wäre, dass die Nicht-Behinderten sensibler werden, dass es auch Behinderte gibt. Viele Leute wissen nicht so richtig, wie sie damit umgehen sollen. Manchmal werden wir Behinderten von Nicht-Behinderten z.B. bevorzugt behandelt, man bekommt dann von allem das Größte und Beste. Da bin ich auch gerührt und freue mich, aber auf der anderen Seite denke ich, dass das unnötig ist.

Haben Sie eine Idee, was jetzt als nächstes passieren müsste, damit Sie das Gefühl haben, dass sich  die Umsetzung von Inklusion in eine positive Richtung entwickelt?

Aufklärung. Wir Behinderten sollten direkt aufklären. Es geht z.B. damit los, dass die Leute geradeaus weiter gehen, wenn ich links noch über die Straße muss und ich fragen muss, wer mich noch über die andere Straße führt. Bei der Frage nach Inklusion geht es nicht nur darum, dass Behinderte und Nicht-Behinderte zusammen lernen, sondern das beginnt schon im Alltag.

Meinen Sie der Inklusionsgedanke könnte da ein Weg sein,  in der Gesellschaft insgesamt mehr zu sensibilisieren? Das dies auch über das gemeinsame Lernen geschehen würde?

Schwierig zu sagen. Es gibt viele Beispiele, die ich kenne, wo das gemeinsame Lernen von Sehbehinderten und Nicht-Sehbehinderten an Regelschulen nicht geklappt hat. Die Behinderten sind dort extrem ghänselt worden und waren dann froh, als sie an der Blindenschule lernen durften. Manchmal denke ich, es wäre besser, wenn wir Behinderten uns  so einbringen und Kontakte knüpfen, indem wir beispielsweise zu  bestimmten Veranstaltungen gehen und uns im Straßenverkehr bewegen. Vielleicht ist das  sogar besser, als unbedingt Behinderte und Nicht-Behinderte Schüler zusammen Lernen zu lassen.
Das Phänomen ist meiner Erfahrung nach, dass das gmeinsame Lernen bei Grundschülern gut klappen kann, aber in den höheren Klassenstufen hat es dann nicht mehr geklappt.

Das heißt, man müsste ganz früh anfangen,  schon im Kindergarten?

Ja, es müsste auch viel mehr mit den Schülern und Kindern geredet werden, warum einer z.B. bestimmte Dinge anders macht, um mehr gegenseitiges Verständnis zu schaffen.

Vielen Dank!

Mehr darüber, wie Tim Nikulski seinen Alltag erlebt, erfahren Sie hier.

 

 

 

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